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Copyright, mal grundsätzlich

Tobias M. Eckrich

Was darf man kopieren, was darf man runterladen? Ich befasse mich seit vielen Jahren mit den Rechten und Gesetzen, die den Umgang mit “geistiger Leistung” regeln; erst als Musiker, später als Journalist. Eigentlich war das mal eine relativ durchsichtige Sache, aber heute mache ich mir ab und zu einen etwas zynischen Spass daraus, Freunde und Bekannte zu befragen, ob sie denn wüssten, was sie heute eigentlich kopieren, herunterladen oder weitergeben dürften. Keiner weiss es. Dabei war alles mal ganz einfach:

“Zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes zum persönlichen Gebrauch herzustellen.”

Und:

“Der zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen; doch gilt dies für die Übertragung von Werken auf Bild- oder Tonträger und die Vervielfältigung von Werken der bildenden Künste nur, wenn es unentgeltlich geschieht.”

Mit der Einschränkung:

“Die Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden.”

Gestern und Heute

Das wäre doch eigentlich gar nicht so kompliziert. Kopieren… persönlicher Gebrauch… keine öffentliche Wiedergabe, aber Verschenken schon. So weit, so gut. Winziges Problem: Das ist die ursprüngliche Fassung von 1965. Die gilt heute nicht mehr. Weil das deutsche Urheberrecht 1985, 1993, 1998, 2003 und 2008 geändert wurde. Und immer zugunsten der Urheber und Verwerter. Also auf Kosten aller Anderen.

Heute gilt: Kopieren darf man nur, wenn dazu kein Kopierschutz umgangen wird (Film-DVDs haben immer einen Kopierschutz, man darf sie also nie kopieren), und auch nur, wenn dazu das gekaufte Original verwendet wird.

Krieg der Welten

Warum ist das heute so?
Weil sich die kommerziellen Verwerter von Kulturprodukten beim Gesetzgeber durchgesetzt haben. Es soll übrigens demnächst noch eine weitere Verschärfung kommen.
Warum dieser massive Druck auf die Gesetzeslage?
Das hat zwei Gründe. Zum einen der “Aufeinanderprall” zweier Rechtssysteme: Auf dem europäischen Kontinent gilt traditionell ein Urheberrecht, dass sich auf die unveräusserlichen Rechte des Urhebers bezieht. Die sind so unveräusserlich, dass er sie sogar seine Erben weitergibt, für weitere 70 Jahre kommerzieller Nutzung nach seinem Ableben.

In England hat sich ein anderes Verständnis der “geistigen Schöpfung” entwickelt. Hier, und ebenso in den ehemals britischen Kolonien, wie US-Amerika, Kanada, Australien, zählt eigentlich nur die kommerzielle Verwertung.
Deswegen heisst das dort auch nicht etwa “Authors Right” oder “Creators Right”, sondern Copyright, also “Recht, Kopien herzustellen und zu verkaufen”. Was wir in den letzten Jahrzehnten erleben, ist ein Versuch der Angleichung europäischen Urheberrechts an das anglo-amerikanische Copyright.
Mehr Rechte für die Verwerter, weniger für Kreative und Konsumenten.
Betrieben wird diese Angleichung vor allem von US-Firmen, und in der Folge auch von japanischen und europäischen Medienkonzernen (Deswegen ist das Anfügen des amerikanischen Copyright-Symbols an kontinentaleuropäische, eigene Werke juristisch auch Unsinn, hier gibt es kein Copyright, und das Urheberrecht gilt auch ohne eine solche Anmerkung).

Heuschreckenplage

Der zweite Anlass für die Veränderungen und Verkomplizierungen der letzten Jahrzehnte liegt im Erfolg der Popkultur selbst begründet. Sowohl in der Filmindustrie der Nachkriegszeit als auch in der Musikindustrie (hier mit Einführung der CD) wurden buchstäblich märchenhafte Profite erzielt, so dass die Unterhaltungsindustrie zum lohnenden Übernahmeobjekt für Investoren und Bankiers wurde. Welche heute das Geschehen ganz beherrschen und deswegen auch nach ihren eigenen Regeln spielen wollen: Es soll bitte nur um ihre eigenen Verwertungsrechte gehen, um Dividenden und Boni.

Das alles hat natürlich mit dem ursprünglich einmal geregelten Verhältnis zwischen Urhebern und Bürgern nichts zu tun, Kultur ist industrialisiert worden. Wer das so nicht will, muss sich politisch engagieren (Alle Parteien haben klare Standpunkte zu diesem Thema) oder in Freiräume begeben.

Kreativ und trotzdem frei

So wie Creative Commons, ein Rechtebaukasten, mit dem der Urheber genau bestimmen kann, was der Nutzer mit dem Werk machen darf. Zwischen: “Nur gucken, nicht anfassen” und “Alles, was du willst”. Kommerzielle Möglichkeiten gibt es nämlich inzwischen auch weit jenseits von der Vervielfältigung der guten alten Datenträger aus Papier, Vinyl oder Polycarbonat (CDs und DVDs).

Das Urheberrecht und seine käufliche Schwester Copyright laufen in der digitalen Gegenwart eigentlich ins Leere: Kulturnutzung hat heute eine andere Bedeutung als vor 50, 100 oder 150 Jahren. Geht es nach den derzeit so einflussreichen Heuschrecken dann ist Copyright das “ius primae noctis” des 21sten Jahrhunderts. Dass sowas nicht lange gutgehen kann, lehrt die Geschichte in zahlreichen Beispielen. Da die Zivilisation aber unaufhaltsam voranschreitet, werden die Neo-Feudalisten unserer blühenden Kulturlandschaften weder unter den Heugabeln und Dreschflegeln der Entrechteten enden noch nach dem Ende ihres parasitären Geschäftsmodells kläglich verhungern: Auch ihnen steht die Sicherheit des sozialen Netzes (“Hartz IV”) zu; eine Errungenschaft, auf die wir hier stolz sein können.

Hinweis: Artikel übernommen von der Seite des Landesverbands. Dieser Kommentar wurde von Fritz Effenberger geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.

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