Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleg:innen und Gäste, bevor ich mit meiner Haushaltsrede zu schreiben begann, habe ich mir zuerst meine Rede vom letzten Jahr vorgenommen und ernsthaft überlegt, mir die Arbeit zu sparen und sie einfach nochmal vorzulesen. Nicht wenige Punkte sind auch nach einem Jahr noch aktuell.
Auch damals habe ich auf etwas Entscheidendes im Vorfeld hingewiesen: Bei jedweder Kritik geht es immer nur um die Sache, nie um die Privatperson und soll daher niemals als ein persönlicher Angriff empfunden werden. Natürlich bin ich mir bewusst, dass dies nicht immer vollends möglich sein wird. In der Praxis und mit ausreichend Willen, kann dies aber gut funktionieren. Mit diesem Gedanken ist es mir zumindest möglich, auch mit gewissen Redenschreibern vom letzten Jahr, weiterhin einen respektvollen und wertschätzenden Umgang zu pflegen.
Leider sind auch dieses Jahr die vollständigen Unterlagen zu dieser Haushaltssitzung erst kurz zuvor zur Verfügung gestellt worden. Nach meiner Ansicht wird hier mit aller Gewalt, ohne Rücksicht auf das Personal, der Haushalt 2022 noch in diesem Jahr durchgedrückt. Dass dies in Gunzenhausen eine Tradition ist, ist mir hierbei relativ egal. Wichtig ist zum einen, dass dies nicht auf dem Rücken der Verwaltung stattfindet und zum anderen, dass der Stadtrat sich mit dem, was er abstimmen soll, auch beschäftigten kann. Ich habe für mich den Anspruch, die Unterlagen und Dokumente ernsthaft zu lesen und nicht einfach nur abzunicken. Ich will die Dinge prüfen und auf – nach meiner Ansicht – falsch laufende Dinge hinweisen. In wenigen Tagen ist dies natürlich nicht möglich. Wer darin überhaupt kein Problem sieht, hat vermutlich grundsätzlich keine Ambitionen, die Unterlagen auch tatsächlich in die Hand zu nehmen.
Es gab durchaus nachvollziehbare Gründe, warum sich der Haushalt 2022 hinausgezögert hat und für das nächste Jahr ist zumindest aus personeller Sicht etwas mehr Luft für die Kämmerei in Sichtweite. Darum kann ich es nicht verstehen, warum wir diese Haushaltssitzung zum Beispiel nicht einfach Mitte Januar durchführen. Die Verwaltung hätte noch ein paar Wochen bekommen und der Stadtrat hätte sich wenigstens über den Jahreswechsel eingehender damit beschäftigen können. Die Handlungsfähigkeit der Stadt wäre bei solch einem Vorgehen überhaupt nicht betroffen gewesen.
Letztes Jahr hätte ich aber definitiv nicht geglaubt, dass die finanzielle Schieflage der Stadt Gunzenhausen meine eigene Kritik und Prognosen noch übertreffen könnte. Die Tilgungen und Zinsen steigen weiter und so sind hierfür im Haushalt 2022 nun schon rund 1,4 Millionen eingeplant. Sicher sind bei den nun 28 Millionen Schulden teilweise Vorfinanzierungen für die Abwasserbeseitigung und der Errichtung von Kindertageseinrichtungen enthalten, trotzdem wurden noch letztes Jahr die Schulden von 21 Millionen Euro damit relativiert, dass sie sukzessive abgebaut werden.
Dass dies nun nicht nur nicht geklappt hat, sondern nun auch noch ganze 8 Millionen neue Schulden alleine im nächsten Jahr gemacht werden, ist nicht gerade vertrauenswürdig für die getätigten Prognosen für die nächsten Jahre. Für 2023 und 2024 sind jetzt bereits schon Schulden in geringer Höhe vorgesehen. Ob wir in der nächsten Haushaltssitzung dann völlig überraschend wieder über deutlich höhere Schulden abstimmen müssen, bleibt abzuwarten. War es tatsächlich letztes Jahr noch nicht vorauszusehen, dass wir 2022 solch hohe neue Schulden machen müssen? Wer die ehrliche Zusammenfassung des Kämmerers vom letzten Jahr gelesen hat, konnte es zumindest erahnen.
Immer wieder wird bei der Ausgabendiskussion auf die „ach so hohe und unfaire“ Kreisumlage verwiesen. Die Kreisumlage ist grundsätzlich ein Element der Einnahmenverteilung zwischen Kreis und kreisangehöriger Gemeinden und Städte. Dabei hat sie vor allem eine wichtige ausgleichende Wirkung von Finanzkraftunterschieden. Wer viel hat, muss viel geben. Von der historischen Spitze von 53,5 % sind wir hier aktuell weit entfernt, die jährliche Summe orientiert sich hierbei in den letzten 50 Jahren relativ stringent an der Entwicklung der Einkommensteuerbeteiligung. Um den ein oder anderen Prozentpunkt kann man sicher kämpfen, finanziell wirkt sich dies auf den ganzen Haushalt gesehen nicht großartig aus. Keinesfalls lässt sich damit unsere Situation um 180° drehen, für mich ist die Diskussion darüber daher nur ein immer wieder gern genommenes Ablenkungsmanöver.
Wir haben in den letzten Jahren sicher auch viel investiert, in weniger sinnvolle aber auch in sinnvolle Projekte wie unsere Kindertageseinrichtungen.Allerdings wird es garantiert kein Jahr geben, wo wir plötzlich fertig sein werden und sich unsere Finanzen schlagartig entspannen werden. Schließlich stehen uns noch große Aufgaben bevor und es werden immer wieder neue hinzukommen, da dürfen wir uns nichts vormachen.
Der Fokus sollte hier meiner Meinung nach im Umweltschutz liegen, besonders in der Einsparung von CO2 und das so schnell und soviel wie möglich. Darüber sollte es eigentlich keinerlei Diskussionen mehr geben. Um es nochmal zu betonen, der Anteil des Umweltschutzes am Vermögenshaushalt beträgt ganze 0,16%. Wir müssen hier also mehr tun, die ersten wichtigen Weichen, wie der Klimaschutzmanager, wurden hier bereits gestellt. Positiv überrascht hat mich der vehemente Einsatz unseres Bürgermeisters für die Umgestaltung der Weißenburger Straße, trotz des zu erwartenden Gegenwinds aus der eigenen Fraktion. Für mich ist der Umbau der Weißenburger Straße ein erster Schritt auf den Weg hin zu einem nachhaltigen Verkehr und ein Beitrag für die nicht aufzuhaltende und alternativlose Verkehrswende.
Bei diesem Thema muss ich allerdings auch meinen Kollegen von den Freien Wählern recht geben. Wichtig bei allen Maßnahmen zur CO2-Einsparung ist das Kosten-/Nutzenverhältnis. Daher sollten wir alle unsere Möglichkeit als Stadt – die einen Beitrag für die Klimarettung leisten können – nach diesem Verhältnis ordnen und von oben beginnen. Ob die Weißenburger Straße dann als eine der ersten Maßnahmen umgesetzt wird, kann ich nicht einschätzen, auch ein Umbau des Bahnhofes ist vielleicht erstmal zu schieben, um Maßnahmen mit mehr CO2-Einsparungspotential im Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln vorzuziehen.
Wir brauchen so oder so großes finanzielles Umweltbudget, eine sofortige Umschichtung und eine Änderung der bisher vorgenommenen Priorisierungen. Um noch mehr notwendige Mittel für dieses Ziel zur Verfügung zu haben, bin ich bereit, endlich eine echte Diskussion zu führen, wo wir in Gunzenhausen sparen können, wo wir mehr Einnahmen genieren können und welche Projekte für mehr Geld für das Klimaschutzziel zu opfern sind. Selbst neue Schulden darf für dieses Ziel kein Tabu sein, nichts wird uns teurer zu stehen kommen, wenn wir hier nicht ausreichend und vor allem schnell genug handeln.
In der letzten Haushaltssitzung war ein Hauptkritikpunkt von mir und anderen, der zur Ablehnung des Haushaltes geführt hat, die unzureichende Vorbereitungszeit. Das auf diese Kritik überhaupt nicht eingegangen wurde, es wieder so knapp war und nicht einmal die Möglichkeit in Betracht gezogen wurde, es wenigstes etwas nach hinten zu schieben, empfinde ich als unfaire Geste. Noch vor wenigen Wochen wollte ich dem Haushalt 2022 zustimmen. Nicht, weil ich mit allem einverstanden bin, sondern als Zeichen des Respektes und dem Willen, aufeinander zuzugehen. In Anbetracht der für mich verschleierten Finanzsituation und der faktisch nicht vorhandenen Vorbereitungszeit, werde ich dem Haushalt 2022 daher wieder nicht zustimmen.
Abschließend bedanke ich mich bei unserem Kämmerer und seinem Team sowie bei der gesamten Stadtverwaltung. Denn einen Haushaltsplan zu erstellen, zumal in dieser speziellen Zeit und unter diesem Druck, ist ein gewaltiges Stück Arbeit.
Ein weiterer Dank gilt an dieser Stelle den vielen ehrenamtlich und engagierten Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und seinen Ortsteilen. Denn ohne dieses Engagement – besonders in dieser schweren Zeit – wäre Gunzenhausen ein großes Stück ärmer. Dafür meinen herzlichen Dank!
Ich bedanke mich auch bei den anderen Fraktionen recht herzlich für die gute Zusammenarbeit und dem für mein Empfinden – trotz aller Differenzen – wachsenden Respektes untereinander.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und bleiben Sie gesund!
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