Die Diskussion zur Perspektive der Ansbacher Altstadt ist im Stadtratswahlkampf voll entbrannt. Und das zurecht: Der Leerstand ist hoch, die Promenaden-Baustelle erschwert den Zugang zur Altstadt und kürzlich schloss der letzte Supermarkt in Altstadtnähe.
Zeit also, um eine Reihe von Punkten anzusprechen, die meiner Meinung nach für die Ansbacher Altstadt wichtig sind und sich zum Teil auch in unserem Wahlprogramm finden.
Einzelhandel in der Altstadt. Die Zukunft des Einzelhandels als Branche sieht nicht gerade rosig aus. Das Ende droht ihm zwar nicht, dennoch wird er durch Supermärkte, Einkaufszentren und Onlinehandel unter Druck gesetzt. Die Richtung der Prognosen ist klar: 30% Umsatzrückgang in den nächsten 10 Jahren, besonders betroffen sind mittelgroße Städte wie eben Ansbach.
Selbstverständlich ist das kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Kommunal können wir sicher einiges tun, um die Geschäfte zu unterstützen. Man darf aber nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Einzelhandel in Zukunft die gleiche Rolle einnehmen kann wie heute. Es bringt auch nichts, die heutigen Zustände zementieren zu wollen. Wir müssen uns diesen Veränderungen stellen und uns überlegen, wie wir damit umgehen können. Dazu gehört meiner Meinung nach auch, dass wir analysieren, auf welchen anderen Säulen unsere Altstadt basiert.
Die Altstadt als Mischgebiet. Eine solche Säule ist und war Wohnraum. Die Altstadt hat historisch den Charakter eines Mischgebietes. Eine verstärkte Nutzung als Wohnraum hat zum einen den Vorteil, dass die zusätzliche Nachfrage die lokalen Geschäfte stützt und zum anderen der Leerstand reduziert werden kann. Räumlich ist das Wohnen in der zentralen Altstadt sicherlich attraktiv, allerdings fehlt es an es an Grünflächen und Bewohner-Parkplätzen.
Eine spezielle Möglichkeit ist die Schaffung von barrierefreiem Wohnraum, den wir in Zukunft ja verstärkt brauchen werden. Der Umbau leerstehender Geschäftsräume in Nebenstraßen wäre dafür geeignet. Allerdings stellt sich die Frage, ob die potenziellen Bewohner ein Angebot in dieser Lage annehmen.
Öffentlicher Raum. Die Altstadt hat einen einzigartigen Wert für die Stadt als öffentlicher Raum. Diesen gilt es zu stützen und zu pflegen. Gastronomie und Dienstleister halten sich ja bisher in der Altstadt relativ gut. Es ist wichtig, dass verschiedene Aspekte ineinander greifen, sodass die Frequentierung der Altstadt verbessert wird. Öffentlicher Raum und Handelsraum stehen dabei nicht unbedingt in Konkurrenz zueinander. Stadtweite Veranstaltungen gehören nach Möglichkeit in die Altstadt oder in Koordination mit ihr organisiert. Dabei geht es nicht nur um´s Ausgehen. Die Altstadt ist auch Ort für demokratisches und öffentliches Leben, wie so mancher Wähler an den zahlreichen Infoständen bemerken kann 🙂
Infrastruktur. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass öffentliche Stellen und private Besitzer in der Lage sind, in die Infrastruktur für die Altstadt zu investieren. Langwierige und unansehnliche Bauruinen wie den „Grauen Wolf“ können wir uns nicht leisten, da sie das Stadtbild zerstören. Außerdem hat die Beschaffenheit von Häusern, Plätzen und Freizeitflächen einen hohen Einfluss auf die Lebens- und Aufenthaltsqualität der Altstadt. Und auch eine Altstadtwohnung verliert ihren Charme irgendwann, wenn die Energie- und Heizkosten steigen und keine Sanierung der Bausubstanz in Sicht ist.
Die Promenade gehört fertig saniert, anstatt die Weiterarbeit jetzt zu verzögern. Die kürzliche Diskussion um Quer- und Längsparkplätze ist viel zu kleinlich. Die Vertreter eines Baustopps machen selbst keine belastbaren Aussagen über die Verzögerung im Zeitplan und zusätzliche Kosten. Wohlgemerkt: aus Sicht des Gesamtkonzeptes bin ich dafür, die Parkplätze quer und mittig auf der Promenade zu platzieren, mit je einer Fahrspur links und rechts. Da Umplanungen die gute Lage im Zeit- und Bauplan (hallo Stuttgart, hallo Berlin…) gefährden würden, erscheinen diese aber nicht sinnvoll.
Ordentlich pflastern. Das berühmt-berüchtigte „Ansbacher Pflaster“ ist insbesondere in der Altstadt von auf Dauer nicht akzeptabler Beschaffenheit. Wir brauchen ein barrierefreies, gut nutzbares, ansehnliches Straßenpflaster. Ein Vergleich mit dem Marktplatz in Gunzenhausen fällt beschämend aus und zeigt, dass es besser geht und nicht in Asphaltlandschaften münden muss. Eine solche Modernisierung ist natürlich ein mittel- und langfristige Angelegenheit und kann nicht von heute auf morgen umgesetzt werden. Dennoch: ordentlich pflastern, dann klappt es auch mit der Attraktivität der Stadt.
Spielhallen raus aus der Innenstadt. Eine der wenigen Branchen in Ansbach mit einem Boom in den letzten fünf Jahren waren die Spielhallen. Insbesondere in der Innenstadt hat man den Eindruck, dass sie wie Pilze aus dem Boden schießen. Darunter leidet das Stadtbild und der Schutz von Menschen mit zwanghaftem Spielverhalten. Es ist auch erkennbar, dass diese Einrichtungen strategisch sehr bewusst platziert werden. Wie in unserem Wahlprogramm beschrieben, wollen wir Piraten eine Einschränkung der Anzahl der Lizenzen für Spielhallen und eine weitere Beschränkung der Öffnungszeiten. Das Ziel ist, die Spielhallen so zurückzudrängen, dass Spieler sich dort bewusst hinbewegen müssen.
WLAN für die Innenstadt. In anderen Ländern ist WLAN in Restaurants und Geschäften längst selbstverständlich. In Ansbach ist das derzeit noch die Ausnahme. Wenn Einrichtungen der Stadt, örtliche Geschäfte und öffentliche Einrichtungen jeweils eigene WLAN-Zugänge einrichten, ist der Kernbereich der Stadt gut abgedeckt. Dies macht den Aufenthalt dort natürlich attraktiver, gerade für den Tourismus. Die aktuell einfachste Möglichkeit zur Umsetzung eines öffentlichen WLAN ist der Freifunk. Nebenbei sei angemerkt, dass die etablierten Parteien in Deutschland durch ihr Festhalten an der Störerhaftung die Errichtung eines Stadt-WLAN überhaupt erst zum Problem machen.
Öffentliche Daten digitalisieren. Wer heute zum Einkaufen in die Altstadt geht oder als Tourist Ansbach besucht, würde vom Zugang zu Informationen über Geschäfte und Einrichtungen in der Stadt profitieren. Ein Beispiel: Sie möchten wissen, wann die Läden geöffnet haben, in denen Sie morgen einkaufen möchten. Oder jemand interessiert sich dafür, welche griechischen Restaurants es in Ansbach gibt. Daher sollten wir öffentliche und öffentlich zugängliche Daten strukturiert digitalisieren.
Dazu lassen sich etwa Daten aus dem Gewerberegister, aus öffentlichen Quellen oder aus freiwilligen Angaben heranziehen. Dies betrifft etwa die Namen, Adressen, Öffnungszeiten und eine passende Kategorisierung der Geschäfte und Einrichtungen in der Stadt. Diese Daten kann die Stadt im Internet verfügbar machen, dadurch können sie durch jeden beliebig verwendet und aufbereitet werden. Das Sammeln und Anbieten der Daten in maschinenlesbarer Form soll die Stadt übernehmen. Die Nutzung dieser Daten kann beispielsweise auf der Webseite der Stadt Ansbach, in Form von Stadtkarten in der Altstadt oder als Einbindung in Kartenapplikationen auf Smartphones erfolgen.
Nahversorgung als Vorteil. Aus geschichtlicher Sicht ist die Nahversorgung eigentlich eine Stärke der Altstadt, weil das lange Zeit selbstverständlicher Teil der heutigen Altstadt war. Nach dem Ende des Edekas an der Promenade besteht Handlungsbedarf. Den Königsweg stellt ein Supermarkt bzw. ein in sich geschlossener Markt dar, um gegenüber den Wohnvierteln nicht ins Hintertreffen zu geraten. Nach den Informationen aus der Stadtspitze gibt es jedoch Probleme, passende Flächen für die Neuansiedlung eines solchen Geschäfts zu finden. In diesem Fall kann man auf einen genossenschaftlichen Markt bzw. eine Markthalle (wie sie z. B. die Grünen gerne möchten) ausweichen.
Bedarf besteht aus meiner Sicht nach einer besseren Nahversorgung per Lieferung an die Haustür. In Großstädten bieten dies viele Supermärkte bereits an. Auf Dauer muss auch damit gerechnet werden, dass der Onlinehandel dieses Thema in Angriff nimmt. Für die Umsetzung eines solchen Lieferservices kann die zentrale Lage in der Altstadt für einen Markt von Vorteil sein.
Ein weiteres Thema ist die Organisation eines Abendmarktes. Die Zeiten, in denen jeder Haushalt sich vormittags mit frischen Lebensmittel versorgen konnte, sind vorbei. Auf diesem Wege haben auch Arbeitnehmer die Chance, sich nach der Arbeit mit regionalen Produkten zu versorgen. Und dabei finden sie neben auch den Weg in die Altstadt.
Stadtentwicklung. Ein sehr abstraktes, langfristiges, aber mächtiges Thema. In den letzten Jahrzehnten sind in Ansbach viele neue Stadtviertel entstanden, die hauptsächlich Wohncharakter haben. Meiner Meinung nach wirkt sich das stark auf die Lebensgewohnheiten der Menschen aus. Denn: Wohnviertel heißt in der Regel pendeln zur Arbeit. Folglich wird das Auto für die meisten Menschen zum Standard, was wiederum die Entstehung und Nutzung von Supermärkten und Einkaufszentren begünstigt. Natürlich lässt sich das nicht pauschalisieren, aber die Tendenz geht in diese Richtung. Oder kann sich jemand einen Wochenmarkt im Rügländer Viertel vorstellen? Will man jetzt die Leute von daheim in die Altstadt locken, braucht man wieder ausreichend Parkplätze – das Thema kennen wir doch auch irgend woher…
Tobias Rudert ist Listenkandidat der Piraten in Ansbach (Liste 8).
Er arbeitet als Produktmanager bei einer E-Commerce-Firma in Ansbach.
0 Kommentare zu “Mein 10-Punkte-Plan für die Altstadt”