Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleg:innen und Gäste,
in diesen Tagen wird oft über das Thema „sparen“ gesprochen. Sparen für die Versorgungssicherheit, sparen als Symbol oder sparen, weil einfach keine andere Wahl. In Bezug auf den Haushalt wird das Wort zwar genutzt, aber man weiß nicht so richtig, ob, wie und wo eigentlich gespart werden soll oder kann. Denn viel Sparpotenzial ist in diesem Haushalt nicht möglich, in dem im Wesentlichen nur Pflichtaufgaben erfüllt werden. Wie der Baukostenzuschuss für die Kita-Neubauten, den unabwendbaren Kapitaleinlagen unserer Tochtergesellschaften, Maßnahmen zur Abwasserbeseitigung oder Breitband- erschließungen.
Gleichzeitig scheint das Versprechen, dass die Schulden nicht nur nicht weiter steigen werden, sondern wieder verringert werden sollen, in weite Ferne gerückt. Handelt es sich bei diesem Haushalt um ein weiteres Versprechen oder ist es eher eine unseriöse Wette beim Blick in die Zukunft?
Weiterhin hoch sind die rentierlichen Schulden, die also als eine Art Überbrückungskredit zu verstehen sind. Zumindest die Verbesserungsbeiträge für den Stauraumkanal scheinen hier 2023 langsam ins Fließen zu kommen. Weiterhin anmahnen möchte ich hierbei, dass zukünftige und bereits anstehende Maßnahmen nun bereits im Vorfeld eingeholt werden, um eine langjährige Belastung des Haushalts in Zukunft zu vermeiden.
In der aktuellen Situation versucht der Bund mehr oder weniger erfolgreich den Bürger bei den gestiegenen Belastungen nicht alleine zu lassen. Wünschenswert wäre es natürlich gewesen, wenn auch die Stadt Gunzenhausen hier an der ein oder anderen Schraube versucht hätte zu drehen, um seine Bürger zu entlasten. Angesichts der Lage im Haushalt der Stadt darf man allerdings vermutlich schon froh sein, dass verschiedene Leistungen erhalten geblieben sind und man sich darauf verständigen konnte, keine zusätzlichen Belastungen zu schaffen.
Interessanterweise wurden Einnahmen aus der Gewerbesteuer für den Haushalt eine Millionen höher angesetzt als noch vor einem Jahr. Neben einer weniger dramatischen Situation als gedacht, lässt sich dies zudem analog zu vielen höheren Steuereinnahmen durch die steigenden Preise erklären. Durch einen prozentualen Ansatz wird die reale Summe höher. Doch ist dies eher eine Milchmädchenrechnung, da höhere Einnahmen durch steigende Preise auch bedeuten, dass die Ausgaben der Stadt durch steigende Preise zum Beispiel im Bausektor ebenfalls nach oben gehen werden. Dazu kommt sicherlich auch noch der Hauptfaktor für die anhaltende Inflation, die steigenden Energiepreise, die sich im Haushalt ebenfalls wiederfinden.
In der aktuellen Lage ist es daher wichtig, vom Stadtrat beschlossene Budgetgrenzen einzuhalten. Dies gelang in der Vergangenheit allerdings nicht immer, sodass es immer wieder nötig wurde, Erhöhungen und Überschreitungen mehr oder weniger akzeptieren zu müssen. Daher wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, die Einhaltung durch ein verbessertes, internes Controlling auch im laufendem Jahr noch genauer zu überwachen und den Stadtrat bei zu erwartenden Überschreitungen frühzeitig zu berichten, um so rechtzeitig eingreifen zu können.
Die zu erwartenden Personalkosten sind mir etwas zu niedrig angesetzt. Hier fehlen mir insbesondere die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von maximal 3000 €. Ob und in welcher Höhe diese ausfallen müssen, werden die Verhandlungen mit der Gewerkschaft Anfang nächsten Jahres zeigen. Doch angesichts der immensen Preissteigerungen und der im Verhältnis zur freien Wirtschaft sowieso schon schwierigen Gehaltsunterschiede, scheint dies auch schon zur Motivierung, Wertschätzung und Mitarbeiterbindung der Angestellten in der Verwaltung notwendig. Schließlich sind auch bei Tarifbindung übertarifliche Zulagen möglich. Soll heißen, unabhängig des Ausgangs der Verhandlungen, sollte zumindest ein Teil von den steuerfreien Einmalzahlungen an die Beschäftigen in der Stadt ausgezahlt werden.
Bauchschmerzen machen sicher die Investition und Vorleistungen für den Reutberg III. Der für mich, nach dem Einbruch in der Bauindustrie durch die stark gestiegenen Bauzinsen, weiter ein nicht zu kalkulierbares Risiko darstellt. Zudem werden sich die Grundstückspreise für das neue Siedlungsgebiet ziemlich genau auf meinen prognostizierten Wert einstellen. Daher befürchte ich, dass wir hier finanzielle Ressourcen für zu lange Zeit binden müssen, die uns schlussendlich woanders fehlen werden.
Der fehlende Ausbau der Scheune an der freiwilligen Feuerwehr in Laubenzedel ist für mich in diesem Haushalt ein unverständlicher fehlender Posten. Gunzenhausen wird für das notwendige Ausweichquartier zur Generalsanierung des Kindergartengebäudes im Rahmen des Baukostenzuschusses Gelder einplanen müssen. Warum sollte hierfür nicht ein nachhaltig bleibender Ausbau entstehen können? Die kurzfristige Entlastung innerhalb der Investitionen ist daher nur eine Verschiebung ohne Substanz, die es nochmal zu überdenken gilt.
Fraktionsübergreifend wurden dieses Jahr diverse Anträge nur unzureichend nach den gesetzlichen Vorgaben oder erst mit Nachdruck abgearbeitet. Einseitige Stellungnahmen ohne ein ausdrückliches Zurückziehen seitens des Antragsstellers sind so nicht in Ordnung und sollten in Zukunft vermieden werden.
Trotzdem muss ich hier auch mal ein Lob an den Bürgermeister los werden, der mich dieses Jahr an der ein oder anderen Stelle beeindruckt hat. Hier möchte ich zunächst nochmals die Weißenburger Straße und eine mögliche Umgestaltung für den Fahrradverkehr erwähnen. Obwohl weiterhin aus allen Richtungen großer Gegenwind kam, ist er immer noch davon überzeugt, dass es eben mehr braucht für eine echte Verkehrswende. Die Prioritäten der Verkehrsteilnehmer müssen sich verschieben und zu einer Art Gleichberichtigung führen. Ohne Umbauten und einen echten Willen ist dies nicht zu erreichen. Eine grundsätzliche Ablehnung eines autofreien Marktplatzes – in welcher Form auch immer – passt hier allerdings nicht ganz dazu.
Positiv empfand ich auch die Haltung in Sachen Eisbahn, die in erster Linie für die Kinder da ist. Nach den harten Zeiten der Pandemie, wo aus meiner und aber auch der wissenschaftlichen Sicht viel zu viel von den Kindern – im nachhinein auch Unnötiges – abverlangt wurde, kann es nicht sein, dass wir für ein Symbol – und anders lassen sich die geringen möglichen Energieeinsparungen bei der Eisbahn nicht beschreiben – wieder zuerst bei den Kindern anfangen. Dafür habe ich keinerlei Verständnis und finde es daher wichtig, dass der Bürgermeister hier keine Zweifel aufkommen ließ. Dafür auch im Namen der Kinder einen herzlichen Dank.
Wie sehr Corona das politische Leben beeinflusst hat, konnte man an der diesjährigen wieder stattfindenden Kirchweih erkennen. Zum ersten mal kaum neu gewählte und alt eingesessene Stadträte über die Fraktionsgrenzen hinaus in einer offenen Atmosphäre zusammen – schließlich konnten die Klausuren bis dato auch noch nicht stattfinden. Hierbei wurde für mich deutlich, dass man sich in vielen Punkten nähersteht, als es zunächst den Anschein hat. Mit dieser Erkenntnis lässt sich meiner Meinung nach viel bewegen, nun gilt es dies in der Praxis auch umzusetzen. Auch die ausgefallene Klausur sollte daher meiner Meinung nachgeholt werden, um die Atmosphäre und damit die Arbeit innerhalb des Stadtrats weiter zu verbessern.
Die letzten Male war der Hauptkritikpunkt aus meiner Sicht die zu späte Fertigstellung des Haushalts. Dieses Jahr konnte man die Bemühungen erkennen, es diesmal etwas früher hinzubekommen. Auch wenn es am Ende nur wenige Tage waren, bin ich mir relativ sicher, dass es nächstes Jahr noch etwas besser wird. Allerdings kann ich immer noch nicht verstehen, warum die Haushaltssitzung nicht einfach im Januar oder Februar stattfindet. Die Anzahl noch nicht gelieferter interner und externer Zahlen an die Kämmerei wären dort geringer und der Stress vor Weihnachten natürlich auch. Einmal vollzogen ist der Abstand zwischen den Haushaltssitzungen dann trotzdem wieder immer genau ein Jahr. Die Zeit, die man im Januar und Februar dafür aufbringt, hätte man zudem am Ende des Jahres gewonnen, sodass eigentlich nichts dagegen spricht, außer ein „War schon immer so“. An dieser Stelle bedanke ich mich nochmal bei unserem Kämmerer und seinem Team sowie bei der gesamten Stadtverwaltung für die geleistete Arbeit in diesem Jahr.
Wie bereits bekannt, bin ich für eine strikte Trennung von privaten Angelegenheiten und dem Stadtratsmandat, trotzdem ist dies nicht immer möglich. In diesem Jahr konnte ich die Zeit, die für das Stadtratsamt notwendig wäre, nicht in dem Maße aufbringen, wie ich es mir persönlich vorstelle, um meine politischen Ziele auch umsetzen zu können oder dies zumindest zu versuchen. Vor allem in der letzten Hälfte hatte ich kaum noch ausreichend Zeit dafür. Grund war in erster Linie mein Studium, dass ich neben dem Beruf und Familie vollzog. Verschiedene Umstände sorgten dafür, dass ich erst vor drei Wochen meine Abschlussarbeit für das Studium abgegeben habe und schließlich letzten Freitag erfolgreich verteidigen konnte. In dieser Zeit war quasi kaum an andere Tätigkeiten zu denken.
Auch, wenn hier vielleicht wieder Stimmen laut werden, die sagen, so etwas müsse man sich vor einer Kandidatur überlegen, wollte ich es, auch im Sinne der Transparenz nicht unerwähnt lassen. Zudem wurde mir schon von unterschiedlichen Seiten herangetragen, wieder politisch aktiver zu werden. Ideen gibt es noch viele und im nächsten Jahr kann ich versprechen, auch wieder die Zeit für das Amt zu haben, die es braucht und verdient.
Nicht zuletzt aus diesen Gründen, wäre es nicht fair, gegen diesen Haushalt zu stimmen.
Unterm Strich beinhaltet der Haushalt 2023 weniger nicht nachvollziehbare Posten, sodass ich den Haushalt trotz der weiter ansteigenden Schulden mit leichten Bauchschmerzen mitgehen werde.
An dieser Stelle bedanke ich mich noch bei allen ehrenamtlich und engagierten Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und seinen Ortsteilen. Denn ohne dieses Engagement wäre Gunzenhausen ein großes Stück ärmer. Dafür meinen herzlichen Dank!
Ich bedanke mich auch bei den anderen Fraktionen recht herzlich für die gute Zusammenarbeit. Ich freue mich auf die herausfordernde Arbeit im nächsten Jahr.
Vielen Dank
Peter Reitmaier
Stadtrat in Gunzenhausen
2. Vorsitzender Kreisverband Ansbach/Weißenburg-Gunzenhausen
Piratenpartei Deutschland
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